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Zwille is Back!

Gerhard Seyfried, der „Star des Undergroundcomics“, der für das linke Milieu „ähnlich bedeutsam ist wie Loriot für das Bürgertum“, wird 70! Zu seinem runden Geburtstag, den er am 15. März feiert, schenkt Seyfried seinen Fans nun die lang erwartete Fortsetzung seiner Comic-Kult-Figur Zwille  – ein hochaktueller politischer Band, in dem sich Seyfried exemplarisch das gentrifizierte Berlin vorknöpft. Mathias Bröckers

 Ein Comeback, eine wunderbare Wiederkehr, ja eine Wiedergeburt ist anzuzeigen: Zwille ist wieder da. Er spielt die Hauptrolle in Gerhard Seyfrieds gleichnamigem Comicalbum, dem ersten seit zwanzig Jahren, und ist wie auch sein Kumpel McÖko in dieser Zeit gar nicht gealtert. Und das ist das Problem, denn das Sozialamt hat die Stütze für Comicfiguren ersatzlos gestrichen, weil diese nicht altern. Und als ihre Bude im letzten besetzten Haus Kreuzbergs geräumt wird, sitzen sie mal wieder auf der Straße. Sie kommen dann erstmal bei ihrem Hanf-Freund Herby Hempel unter …

So geht die Geschichte los, die ich aber hier nicht weiter erzählen und verraten will. Auch den Künstler, der uns auf seinen feinen Strich und Witz so lange hat warten lassen, muss ich hier nicht weiter loben, denn das habe ich im Nachwort zu diesem Buch getan. Dort werden neben dem Komplott der GNA („Graphic Novel Authority“) gegen „Fumetti Seyfretti“ auch noch einige weitere Geheimnisse aus dem schwarzen Imperium  enthüllt, die nur von hartnäckigen Verschwörungstheoretikern für abgedrehte Fake News gehalten werden können. Denn Seyfried ist bei aller Komik vor allem ein hervorragender Dokumentarist:  „Wenn Archäologen der Zukunft einst nach Spuren der APO-Zeit fahnden, wird Seyfrieds Werk den Spiegel der Typen, Tussis und Parolen liefern“, schrieb die taz 1998 zu seinem letzten Comic.
Einen Beweis für diese realistische, dokumentaristische Qualität entdeckte ich erst jetzt, beim Durchblättern des ersten druckfrischen  „Zwille“-Exemplars: den Musterkoffer! Den gab’s nämlich wirklich. Ein Freund hatte Seyfried und mich zum Kaffee eingeladen, weil einer seiner Bekannten und Fan von Comics und Hanfbüchern uns unbedingt kennenlernen wollte. Das Vergnügen war dann gegenseitig, denn als er seinen unverdächtigen Koffer öffnete, befanden sich darin nicht nur ein Dutzend feinster Haschischsorten aus aller Herren Länder, sondern nach Umklappen des Mittelteils noch einmal dasselbe in Marihuana. Und als der freundliche Mensch dann sagte, dass wir uns gern und reichlich bedienen könnten, als Dank für die witzigen Comics und die schlauen Bücher – da müssen wir ziemlich genau so geguckt haben wie die beiden Figuren jetzt im Comic. Und auch der Rest des Abends verlief glaube ich ziemlich so wie abgebildet …

Gerhard Seyfried

Gerhard SeyfriedGerhard Seyfried lebt seit 1976 in Berlin, das seither den Hintergrund seiner Comics und Cartoons bildet. Seine Geschichten sind in der linksalternativen Hausbesetzerszene angesiedelt und erzählen von Bullen, Bonzen und Berlinern. Der Tagesspiegel schreibt über Seyfried, dass er für das linke Milieu ähnlich bedeutsam ist, wie es Loriot für das Bürgertum war. Sein gleichermaßen intellektueller wie aggressiv- liebevoller Humor wurde anderen Zeichnern zum Vorbild, und seine Arbeiten fanden weltweit Aufnahme in Publikationen und Ausstellungen.

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