/Kommentare/Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?

Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?

Am kommenden Mittwoch, den 11. Oktober, ist es genau dreißig Jahre her, dass Uwe Barschels Leiche gefunden wurde. Patrik Baab, Fernsehjournalist aus Kiel, und Robert E. Harkavy, Politik-Professor aus den USA, untersuchen in ihrem Buch „Im Spinnennetz der Geheimdienste“ nicht nur die bis heute ungeklärten Hintergründe von Barschels Tod, sondern auch die zweier anderer politischer Morde des vergangenen Jahrhunderts: die an Olof Palme und William Colby. „Tote können nicht mehr sprechen. Das ist in allen drei Fällen der Grund, warum sie sterben mussten“, so die Autoren. Sie haben streng vertrauliche Dokumente mehrerer Geheimdienste herangezogen und ausgewertet, und sie haben mit Geheimdienstlern, Ex-Spionen und Geheimdienstkontrolleuren gesprochen. Sie führen die drei Todesfälle zusammen vor dem Hintergrund der Iran-Contra-Affäre und eines Schattenkrieges der CIA, dessen größter Teil immer noch im Dunkeln liegt. Ein Wort der Autoren zum Erscheinen des Buches.

 

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Buch erzählt von Schattenkriegern und ihren Opfern. Es führt Sie in jene verbotene Zone der Geheimdienste, die noch geheimer ist als die Spionage. Es ist der Bereich geheimer Spezialoperationen. Dazu gehören Staatsstreiche und Attentate, Geldwäsche und Waffenschmuggel, Menschenversuche – und politische Morde. Wir öffnen ein kleines Fenster zum Maschinenraum des Kalten Krieges und blicken dahin, wo er zu einem heißen, schmutzigen Krieg geworden war. Es ist ein Buch über Staatskriminalität.

Drei Beispiele haben wir ausgewählt: einen Mord in Stockholm, der angeblich von einem Einzeltäter begangen wurde; einen Toten in einer Badewanne in Genf, der sich angeblich selbst das Leben genommen hat; das mysteriöse Ende eines ehemaligen CIA-Direktors, der nach einem Herzinfarkt ertrunken sein soll. Wir belegen, warum dies Vor-Urteile sind, die einer genauen Prüfung nicht standhalten.

Sieben Jahre lang haben wir an diesem Buch gearbeitet. Wir sind um die halbe Welt gereist, haben mit Geheimdienstlern, ehemaligen Agenten und Geheimdienstkontrolleuren aus sieben verschiedenen Ländern gesprochen. Wir haben ihnen Dokumente vorgelegt, Zusammenhänge diskutiert, manche Unterlagen auch bekommen. Kaum einer war bereit, vor Mikrofon und Kamera Auskunft zu geben. Die meisten wollten anonym bleiben, viele nicht einmal indirekt zitiert werden. Dennoch gehen ihre Hinweise in dieses Buch auch da ein, wo eine Quellenangabe fehlen muss.

In diesem Buch finden sich Dokumente, die uns schaudern lassen – zum internationalen Waffenschmuggel, zur illegalen Parteienfinanzierung, zur Planung politischer Morde. In den meisten Fällen kennen wir die Informanten, haben ihre Verlässlichkeit und ihre Motive überprüft. Auch wenn die Herkunft streng geheimer Unterlagen für uns rückverfolgbar ist, so kann ihre Echtheit in vielen Fällen letztlich nicht überprüft werden. Dies ist das Dilemma einer Studie über die Schattenwelt der Geheimdienste. Aus vielen kleinen Teilen setzt sich ein Puzzle zusammen, und wir glauben, ein Gesamtbild zu erkennen. Aber der Leser muss im Auge behalten, dass noch viele Teile verborgen sind. Das Bild als Ganzes – es existiert noch nicht.

Bei unseren Recherchen haben wir gelernt: Gegen Konspiration hilft nur Dekonspiration. Gegen die tödlichen Spiele der Geheimdienste hilft nur absolute Offenheit. Dies kann man auch von den Bürgerrechtlern in der früheren DDR lernen. Deshalb wollen wir hier berichten, dass es bereits jetzt Versuche gibt, die in diesem Buch dargelegten Fakten und Überlegungen aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen.

Schon vor Erscheinen dieses Buches war von neuen Verschwörungstheorien die Rede. Mitarbeiter öffentlicher Bibliotheken werden von Vorgesetzten zitiert, wenn sie das Buch bestellen. Wir Autoren werden als realitätsferne Spinner hingestellt. Im persönlichen und beruflichen Umfeld wird Druck aufgebaut. Wir müssen uns gegen juristische Schritte wappnen.

Wer von Verschwörungstheorien redet, sollte wissen, worüber er spricht. Dem französischen Soziologen Didier Eribon zufolge handelt es sich dabei um die Idee einer unsichtbaren Hand, die aus dem Verborgenen das Geschehen im sozialen Raum lenkt. Doch genau darum geht es in unserem Buch nicht. Vielmehr geht es um politische Interessen – und die Art und Weise, wie sie durchgesetzt werden. Verschwörungstheorien – das ist ein Kampfbegriff, mit dem eine inhaltliche Auseinandersetzung vermieden werden soll und unbequeme Überlegungen aus dem öffentlichen Diskurs verdrängt werden sollen. Einer der besten Kenner des Nahen und Mittleren Ostens, Michael Lüders, hat dies in einer Fernsehsendung erfahren müssen. In diesem Falle hat sich der Journalismus nicht mit Ruhm bekleckert. Solche Kampfbegriffe dienen jenen, die aus der Meinung der herrschenden die herrschende Meinung machen wollen. Einer sachlichen Diskussion dienen sie nicht.

Es ist letztlich eine Entscheidung der Bibliotheksleitung, welche Bücher in den Bestand aufgenommen werden und welche nicht. Aber recherchieren können wir. Wenn Bibliothekare unter Druck gesetzt werden, dann werden wir das hier dokumentieren.

Wir gehen davon aus, dass alsbald die Belastbarkeit unserer Quellen, die Echtheit unserer Dokumente angefochten wird. Dies ist ein übliches Verfahren der Geheimdienste, und willfährige Wissenschaftler oder Journalisten finden sich immer. So hat die CIA versucht, ihren ehemaligen Mitarbeiter Oswald LeWinter unglaubwürdig zu machen. Doch die meisten seiner Angaben konnten durch andere Quellen erhärtet werden. Wir rechnen damit, dass unter dem Vorwand, Persönlichkeitsrechte geltend zu machen, unsere Studie mit juristischen Schritten gestoppt werden soll. Hier sei gesagt, dass auch der Westend Verlag und die Autoren gute Anwälte haben – und eine juristische Auseinandersetzung in den Vereinigten Staaten nicht immer mit dem erhofften Ergebnis endet.

Ihnen, den Leserinnen und Lesern, die unseren Recherchen mit Neugier und Offenheit begegnen, wünschen wir eine spannende Unterhaltung. Mit Ihnen kommen wir gerne ins Gespräch.

 

Prof. Dr. Robert E. Harkavy, Patrik Baab

 

 

 

Über die Autoren

Robert E. HarkavyRobert E. Harkavy ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der State University Pennsylvania und Gastdozent an der Uni Kiel. Er hat mehrere Bücher über Waffenhandel, Kriegsführung in der Dritten Welt und Verteidigungspolitik geschrieben und war neben seiner universitären Tätigkeit auch als Berater des Pentagon tätig. Er hat einen Doktortitel in „Internationale Beziehungen“ der Universität Yale.
Patrik BaabPatrik Baab ist Politikwissenschaftler und Journalist und hat u.a. an den ARD-Filmen „Der Tod des Uwe Barschel - Skandal ohne Ende“ (2007), „Der Tod des Uwe Barschel - Die ganze Geschichte“ (2008) sowie „Uwe Barschel - Das Rätsel“ (2016) mitgewirkt. Er ist Lehrbeauftragter für praktischen Journalismus an der Christian-Albrechts-Universität Kiel und an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin.

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