Die Feinde des Herrn Bien
In seinem aktuellen Buch „Herr Bien und seine Feinde“ nimmt Timm Koch das Bienen- bzw. Insektensterben in den Blick. Er deckt auf, in welchem Ausmaß die Chemie- und Argarindustrie die Landwirtschaft heute im Griff hat – und wie sie die Verbraucher über die katastrophalen Folgen des massenhaften Einsatzes von Pestiziden für Mensch und Umwelt hinwegtäuscht. Ein Kommentar von Timm Koch.
Kaum zehn Tage nach Erscheinen meines aktuellen Titels „Herr Bien und seine Feinde“, freute ich mich in Joachim Müller Jung, Ressortleiter Natur und Wissenschaft der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einen prominenten Rezensenten gefunden zu haben. Die Lesefreude hingegen währte nur einige Zeilen lang. Herr Müller Jung mokierte sich über meinen „pseudophilosophischen Stachel“, rückte mich in die Ecke von Verschwörungstheoretikern, weil ich in meinem Buch einen Zusammenhang zwischen dem massenhaften Einsatz von Insektiziden und dem Insektensterben herstelle. Der Mitarbeiter des seriösen Blatts ging sogar so weit, meine Persönlichkeitsrechte zu verletzen und Falschinformationen über mein Buch zu verbreiten. Er warf mir eine unsaubere wissenschaftliche Debatte vor, was er unter anderem an fehlender Information über „Faunenverfälschung, Krankheiten und Artenverarmung“ festmacht. Hätte er mein Buch etwas aufmerksamer gelesen, so wüsste er, dass ich seitenweise über all diese Dinge berichte. Am meisten aber empörte mich seine Unverschämtheit, eine meiner philosophischen Kernthesen rhetorisch verfälscht wiederzugeben.
In dem „Erklärungsschreiben“, das ich nach Einschalten der Chefredaktion von ihm erhielt jedenfalls fand sich kein Wort der Entschuldigung für die Fehlinformationen. Das falsche Zitat? – Ups, ein Tippfehler. Weiterhin gab mir Herr Müller Jung zwischen den Zeilen zu verstehen, ich könne ja froh sein, dass er überhaupt über mich schreibe und dürfe da nicht auch noch Anspruch auf wahrheitsgemäße Berichterstattung erheben. Der ganze Sermon ist so entlarvend, dass ich auf eine offizielle Richtigstellung verzichtete.
Warum aber diese Angriffe von einer Person, die sich noch nicht einmal die Mühe macht, mein Buch richtig zu lesen? Woher der Hass auf meine Person, die sich für das Überleben unserer Insekten stark macht? Ich kann es mir nur so erklären, dass der Mann – von wem auch immer – gedungen wurde und seine Feder schwang im Auftrag von Menschen, die im Verborgenen agieren. Verschwörungen zum Nachteil unserer Bienen existieren! – Auch jenseits der Theorie.
Der nächste Angriff auf meine Bemühungen, die Insekten vor dem Untergang zu bewahren kam – ausgerechnet – vom Vorsitzenden der Ökologischen Demokratischen Partei (ÖDP), Herrn Christoph Raabs. Mein Interview, das ich für das Parteiorgan ÖkologiePolitik (ÖP) gab, wurde – fertig layoutet und autorisiert – von ihm höchstpersönlich aus dem Blatt gekegelt mit der Begründung, meine Ansichten könnten die „aktiven Landwirte unter den ÖDP Mitgliedern so verletzen, dass … (der) innerparteiliche Friede gefährdet (sei)“. Mein Interview wurde durch einen von ihm selbst verfassten Text ersetzt, bei dem ihm ein Märchen der Gebrüder Grimm als Ansatz dient, um über „Riesen“ zu schreiben, die an der Bauernschaft herum manipulieren. Ein unerhörter Vorgang, wie ihm dem verantwortlichen Redakteur in den zwölf Jahren Tätigkeit für das Blatt noch nicht untergekommen ist.
Immerhin nahm sich Christoph Raabs im Nachhinein die Zeit für ein ausführliches Gespräch. Anfangs ging es hier viel um Begrifflichkeiten. Was ich schlicht und einfach „Gift“ nenne, ist für Herrn Raabs ein „Staatlich geprüftes und zugelassenes Pflanzenschutzmittel“. Hier fanden wir keine Einigung. Was ich am Ende unserer Unterhaltung jedoch für mich mitnahm, war die durchaus selbstkritische Erkenntnis, dass man mit dem Eindreschen auf die Landwirte nicht unbedingt die Richtigen trifft. Sicherlich kann man diejenigen, die den berühmten Finger am Abzug halten nicht von jeglicher Schuld freisprechen. Es sind Bauern, die nicht nur in ihren Ställen massenhaft das Vieh quälen, sondern auch mit Gift unsere Insektenwelt auslöschen. Aber bei einem Verbrechen von der Größenordnung des globalen Ökozids an den Insekten, verschwimmen nach unten hin die Grenzen zwischen Tätern und Opfern. Es sind unsere Landwirte, die krank werden durch die Auswüchse der modernen Landwirtschaft. Es sind vor allem die kleinen Bauernhöfe, die genauso lautlos sterben wie die Bienen. Die wahren Schuldigen sollten wir suchen unter den Chemiekartellen mit ihren Giften, Bankern mit falschen Versprechungen zu großen Ställen und starken Traktoren raten und einer verkommenen politischen Klasse in Berlin und Brüssel, die den ganzen Wahnsinn anstandslos mitmacht.